Zeit für die Musik – Teil II

Die meisten MusikerInnen sind sich einig, dass man allein mit Videos oder YouTube Tutorials ein Instrument nur bedingt erlernen kann. Persönlicher Musikunterricht ist dafür unerlässlich – aus vielen Gründen. Ungewöhnliche Zeiten wie diese erfordern allerdings, dass wir Kompromisse machen. Um trotzdem motiviert weiter zu musizieren, können gut gemachte Tutorials von kompetenten Lehrkräften durchaus weiterhelfen. Viele davon sind teilweise gratis und es gibt sie zu einer Reihe von Themen – zum Beispiel dazu, wie wir unsere Übetechniken verbessern können.

Üben wir eigentlich „effizient“ genug? Strukturieren wir die Zeit, die wir am Instrument verbringen, sinnvoll? Setzen wir uns jeweils Ziele und überprüfen, ob wir sie erreicht haben? Wissen wir, wie wir an knifflige Passagen herangehen und sie schrittweise bewältigen können? Als HobbymusikerInnen ertappen wir uns oft dabei, dass wir unsere Stücke einfach immer wieder durchspielen in der Hoffnung, dass sie irgendwann schon flüssiger werden…

Auf vielen Portalen findet man den Hinweis, ein Übetagebuch zu führen und jede Übesession zu strukturieren. Beispielsweise: mit Tonleitern und Arpeggien beginnen und sich dabei jeden Tag eine andere Tonart vornehmen. Sich danach mit dem Repertoire befassen und auch die Gehörbildung nicht vernachlässigen. Doch selbst bei einer so strukturierten Herangehensweise – die HobbymusikerInnen auch einiges an Disziplin abverlangt! – bleibt die Frage: wie kann ich denn nun konkret üben?

Genau damit befassen sich die Pianisten Graham Fitch und Josh Wright auf ihren jeweiligen Websites und YouTube-Kanälen. Beide haben ein Bezahlmodell, stellen aber viele nützliche Inhalte gratis zur Verfügung. Mit Beispielen aus bekannten Stücken zeigen sie, wie Triller oder Tremolos optimiert werden können, oder wie man Tonleitern und Akkorde nicht mechanisch, sondern kreativ übt. Dabei geht es auch darum, am Instrument möglichst entspannt zu bleiben. Kurzweilig sind die YouTube-Videos, in denen Fitch und Wright gemeinsam übers Üben plaudern. Hier treffen nicht nur zwei Pianisten aus unterschiedlichen Generationen aufeinander – sondern wir können uns neben dem fachlichen Input auch am (Sprach-)Stil des noblen Engländers und des lässigen US-Amerikaners erfreuen.

Mit ihrem Fokus auf sinnvolles Klavierüben sind Fitch und Wright recht einzigartig. Doch auch auf den Kanälen anderer MusikerInnen und für andere Instrumente lassen sich Videos zu diesem Aspekt finden. Fürs Klavier haben Paul Barton und Torsten Eil weitere nützliche Tipps auf Lager. Cellistin Tina Guo – die unter anderem für den Filmusikkomponisten Hans Zimmer auf der Bühne steht – zeigt auf ihrem Kanal Vibrato und Bogentechniken. Tutorials von Cellobello und Bogenbalance befassen sich teilweise mit systematische(re)m Üben am Streichinstrument. Aktuell hat die Flötistin Emily Beynon unter dem passenden Motto „Lockdown Insanity Prevention“ Tutorials übers Atmen, Vibrato und weitere Techniken für Querflöte online gestellt. Eine Fundgrube für Jazzer an verschiedenen Instrumenten ist die kostenlose Lincoln Center‘s Jazz Academy. Dort findet man auch einige Tutorials zu Übe-Routine und Technik – vor allem für Blasinstrumente, Schlagzeug und Gitarre.

Viele professionelle MusikerInnen und MusiklehrerInnen streamen aktuell nicht nur Konzerte, sondern produzieren auch hilfreiche Tutorials. Wir können hier nur eine kleine Auswahl geben – es lohnt sich, im Netz danach zu stöbern. Als kleinen Dank können wir die YouTube-Kanäle abonnieren und kostenlose Services nicht für selbstverständlich nehmen, sondern – wo es möglich ist – den KünstlerInnen auch etwas dafür spenden.