Schreiben mit Musik

Im Supermarkt dudelt „Losing my religion“ von REM – und ich muss an meine Maturareise denken. Wie lange habe ich diesen Song nicht mehr gehört? Das war doch erst gestern, als wir dazu die Nächte durchgetanzt haben … Wer kennt dieses Gefühl nicht? Wenn wir Musik hören, werden Bilder in uns wach. Besonders die Jugend war für viele eine Zeit, in der wir uns (auch) stark über Musik definiert haben.

Einige hörten das, was im Radio oder in der Disco lief. Andere hörten Punk oder Heavy Metal und kleideten sich im dazu passenden Stil. Musik verband uns mit unseren Freunden und linderte unseren Liebeskummer. Sie war ein Medium, mit dem wir uns von unseren Eltern abgrenzten oder gegen das Establishment protestierten. Musik ruft also starke Emotionen und Erinnerungen hervor – und kann damit ein wirksamer Schreibimpuls fürs kreative Schreiben sein. Wir können sie auf vielfältige Weise nutzen, um unsere Kreativität und unseren Schreibfluss anzuregen.

Wenn du das nächste Mal einen Text schreibst, könntest du dich fragen: Welche Musik möchte ich dabei hören – und welche würde mich stören? Viele Schreibende fühlen sich durch Liedtexte in Sprachen, die sie verstehen, abgelenkt. Instrumentalmusik funktioniert oft besser. Dabei regen schnellere Rhythmen unsere Atmung und Herzaktivität an, langsamere Rhythmen beruhigen unseren Körper. Auf Spotify findest du als Anregung Playlists mit meditativen Klangkulissen, z.B. „Musik zum Schreiben“ oder „Mellow Jazz“. Wenn wir unser Schreiben immer mit derselben Musik unterlegen, können wir uns sogar darauf konditionieren: jetzt ist meine Schreibzeit.

Musik als Schreibimpuls

Eine solche musikalische Schreibbegleitung ist natürlich noch kein richtiger „Schreibimpuls“. Du könntest also einen Schritt weiter gehen und gezielt Musik auswählen, die zu deinem Schreibanlass passt. Filmmusik eignet sich gut dafür. Warum nicht einmal die Szenen, die du schreibst, so untermalen, wie Hollywood es tut? Streiten sich deine Romanfiguren, brauchst du etwas Spannungsgeladenes. Verlieben sie sich gerade ineinander, passen vielleicht schmalzige Streicherklänge.

Besonders, wenn du ein Memoir schreibst, kann es helfen, auf Musik aus deiner Kindheit und Jugend zurückzugreifen. Damit zapfst du noch eine zusätzliche Quelle für Anekdoten und Erlebnisse an. Um dich an einzelne Songs zu erinnern, könntest du zuerst ein Cluster machen: „Wenn ich an diese Lebensphase denke, verbinde ich damit folgende Musik…“. Schreibe diese Idee in die Mitte, ringele sie ein und notiere dir davon ausgehend alle Assoziationen, die kommen. Welcher Popstar zierte das Bravo-Poster über deinem Bett? Welche Rockballade übte deine Schwester ständig auf ihrer E-Gitarre?

Wahrscheinlich bringt dich dieses Brainstorming auf ein paar Songs, die dich damals geprägt haben. Wähle einen aus, der dich anspricht, höre ihn dir in Ruhe an (zum Beispiel auf Youtube) und schreibe dann einfach eine Viertelstunde lang drauflos. Wenn du in deine Erinnerungen eintauchst, denke auch an deine Sinne: Wonach hat es im Freibad gerochen? Wie hat das erste Bier geschmeckt?

Musik hören: Vor dem Schreiben oder während des Schreibens?

Du kannst beim Musikhören schreiben, oder dich mit dem Song zuerst in die richtige Stimmung bringen und dann in Stille schreiben. Achte aber beim Schreiben stets darauf, wie du dich fühlst. Beim autobiographischen Schreiben kann es uns passieren, dass wir tief in Erinnerungen oder Gefühle eintauchen. Sobald du merkst, dass das Schreiben dir in diesem Moment nicht gut tut, höre erst einmal damit auf.

Vielleicht wirst du verblüfft sein über die längst vergessen geglaubten Songs, die bei diesen Schreibübungen auftauchen – und welche Anekdoten du damit verbindest. Oft führt uns so ein Schreibimpuls mit lockerem “Drauflosschreiben” in eine unerwartete Richtung. Das macht kreatives Schreiben so spannend!

In den Online-Schreibworkshops und Schreibsalons der Wiener Schreibtrainerin Christine Kämmer kannst du praktisch erleben, wie Musik als Schreibimpuls wirkt! Musikalische Schreibtipps bekommst du regelmäßig auch in Christines Blog und per Newsletter.