Auf der Plattform Meetup treffen sich Gleichgesinnte zu verschiedenen Aktivitäten. Auch für (Hobby)-PianistInnen gibt es weltweit viele Gruppen, die sich regelmäßig zum gemeinsamen Musizieren zusammenfinden. In Zeiten von Corona haben sich einige Klaviergruppen weiterhin getroffen – online. MUSEDU hat mit einigen OrganisatorInnen virtueller Klaviertreffen in Kanada, Großbritannien und den USA gesprochen.
Klavierfans in England und Schottland haben es gut: Dort organisiert Ben seine Let‘s Play the Piano Treffen in neun Städten. Hunderte von KlavierspielerInnen treffen sich regelmäßig in Manchester, Liverpool, Birmingham, Newcastle, Glasgow, Cambridge, Norwich, Leeds und Sheffield. Jede Gruppe kommt einmal im Monat zusammen, um vor einem Publikum von Gleichgesinnten zu spielen. Dabei sind HobbypianistInnen aller Niveaus und Stilrichtungen vertreten. Ben heißt auch jene willkommen, die nur zuhören möchten – oder darüber nachdenken, Klavierspielen zu lernen. Bei seinen Live-Treffen sind normalerweise bis zu 50 TeilnehmerInnen mit dabei. Eine Hälfte spielt, die andere Hälfte hört zu.
Die monatlichen Online-Klaviertreffen finden jeweils für zwei Städte gemeinsam statt. „Es ist schön für uns alle, die anderen Gruppenmitglieder zu hören und zu sehen“, sagt er. Die TeilnehmerInnen können sich aussuchen, ob sie live spielen möchten, oder ihm vorab eine Aufnahme schicken, die er dann einspielt. „Es ist nicht dasselbe wie im realen Leben, aber es ist eine andere Art von Treffen. Ich werde auch dann zusätzlich weiter Online-Events anbieten, wenn wir wieder den Normalzustand erreicht haben“. Ben schätzt, dass es eine Weile dauern wird, bis die Menschen sich wieder trauen, an öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen. Damit alle Gruppenmitglieder aktiv mitmachen können, organisiert er jeden Monat auch ein virtuelles Musikquiz. Und er hat weitere Ideen für seine Gruppen. So überlegt er, demnächst ein Amateur-Konzert aus einem Saal für ein größeres Publikum live zu streamen.
Prasa hat die Toronto Amateur Pianist Recital Gruppe gegründet, die sich einmal im Monat trifft. Bei seinen Events spielen Gewinner von Klavierwettbewerben genauso wie Anfänger, ihre Stückauswahl reicht von „Beethoven bis zu Musik aus Final Fantasy“. Prasa meint, „der Vorteil eines virtuellen Treffens ist, dass die Leute weniger müde werden – wenn das Vorspiel lange dauert, können sie zwischendurch aufstehen und eine Pause machen, das ist live nicht möglich. Es ist auch nett, die Umgebung zu sehen, in der die Leute zuhause musizieren, und sie sind dann weniger nervös beim Spielen. Und natürlich ist es einfacher, sich für ein virtuelles Treffen zwischendurch Zeit zu nehmen“. Ghadeer ist Gründer der Amateur Classical Musicians Group in Montreal. Seine Gruppe trifft sich alle vierzehn Tage und soll „ein Ort sein, an dem man einander inspiriert und motiviert; mit falschen Vorstellungen darüber aufräumt, wie wertvoll es ist, als Erwachsener ein Instrument zu erlernen; und klassische Musik fördert“.
Ghadeer und Prasa haben positive Rückmeldungen zu ihren virtuellen Musiktreffen bekommen. Ghadeers Gruppenmitgliedern gefällt der soziale Aspekt, und sie schätzen es, sich in schwierigen Zeiten mit anderen austauschen zu können. Es hilft ihnen, motiviert zu bleiben und weiter zu üben. Ghadeer vermutet, dass der Reiz des Neuen zur allgemeinen Begeisterung beigetragen haben könnte. Bei einem seiner Online-Treffen hat sich sogar eine Teilnehmerin aus Deutschland zugeschaltet. Auch er möchte dieses Format zukünftig parallel zu den realen Treffen beibehalten und die Uhrzeit so anpassen, dass sich internationale Gäste zuschalten können. Prasas Mitgliedern gefällt ebenfalls, dass man ortsunabhängig mitmachen kann.
Teresa von den Bay Area Amateur Pianists in San Francisco hat kürzlich eine virtuelle Session veranstaltet, um HobbypianistInnen zu helfen, zuhause „in Form zu bleiben“. Fünf Gruppenmitglieder haben vorab ihre Noten mit den anderen geteilt und dann von der Gruppe Feedback für ihr Spiel erhalten. Teresa erzählt: „Es gab so eine großartige Diskussion, und ich war überrascht, dass es sich nicht unangenehm angefühlt hat, obwohl es virtuell war“. Ihre Gruppe veranstaltet Events für verschiedene Zielgruppen, Niveaus und Stilrichtungen. Die Feedback-Workshops finden im kleinen Kreis statt, damit sich alle in einer vertrauten Atmosphäre einbringen können. Technisch hat die Online-Session gut funktioniert. Teresa hat die Plattform zoom getestet und sichergestellt, dass alle TeilnehmerInnen genau über das technische Setup Bescheid wussten. Darüber hinaus organisiert sie „virtuelle Freiwilligen-Events“. Dabei wird für BewohnerInnen von Seniorenheimen musiziert, die ihre Angehörigen schon seit Monaten nicht mehr gesehen haben.
„Es ist interessant, zu sehen, wie die Leute bei sich zuhause Klavier spielen“, sagt Tony. Er ist bei verschiedenen Klaviergruppen in Amerika und Europa dabei und hat an einigen virtuellen Treffen teilgenommen. Für ihn sahen die KlavierspielerInnen an ihren eigenen Instrumenten entspannter aus, und er hat sich gefreut, einen Einblick in ihr musikalisches Zuhause zu gewinnen.
Welche Nachteile haben solche Online-Events? „Es gibt weniger Zusammengehörigkeit und Interaktion, da der direkte soziale Kontakt fehlt“, sagt Prasa. Dies sei vor allem mit neuen Gruppenmitgliedern schwierig. Ghadeer bedauert, dass keine Duos oder Trios möglich sind, sondern die Klavierspieler online nur einzeln spielen können. Einige hatten technische Probleme. Da die meisten Plattformen für die menschliche Stimme optimiert sind, sei besonders in den hohen und niedrigen Registern die Qualität dürftig. Auch Tony findet die audiovisuelle Qualität aufgrund von Netzwerkproblemen enttäuschend. „Einige haben nicht genügend Expertise oder Erfahrung mit dem Aufnehmen“, meint er. Sein Tipp: VeranstalterInnen sollten denjenigen, die vorspielen möchten, technische Hilfestellung geben – und Bild und Ton während der Session zentral ausschalten.
Die Vienna Piano Meetup Gruppe hat in den letzten Monaten keine virtuellen Treffen veranstaltet. Dafür gab es wertvollen Austausch mit ähnlichen Klaviergruppen weltweit. Gleichgesinnte von überall her sind bei allen Online-Events willkommen. Das ist ein großer Vorteil von virtuellen Plattformen – und genau das Gegenteil von Social Distancing. Online Meetups bieten uns eine neue Möglichkeit, uns zu vernetzen und unsere Musik zu teilen. Egal, wo wir leben. Das sollten wir auch in Zukunft beibehalten!