Wohlklang: Crossover und Hauskonzerte

Die holländische Pianistin Ineke Hellingman und die griechische Geigerin Angelina Georgiadi veranstalten mit ihrem Euphonia Kulturverein inspirierende Musik-Events in Wien. MUSEDU hat – noch vor dem Lockdown – mit den beiden jungen Musikerinnen über ihre Projekte und die Philosophie dahinter gesprochen.

„Wien ist eine gute Umgebung dafür, etwas Experimentelles auszuprobieren“, sagt Ineke über ihre Wahlheimat, „und als Migrantinnen möchten wir der Stadt auch etwas zurückgeben“. Jeden Monat organisieren die beiden Musikerinnen Hauskonzerte über die soziale Plattform Meetup. Musikalische Abende, zu denen sie auch andere InstrumentalistInnen und SängerInnen einladen. Sie führen in die Stücke ein und spielen ein kurzes Konzert. Bei Snacks und Wein können die Gäste – maximal 15 Personen – anschließend mit ihnen plaudern. „Für viele ist es das erste Mal, dass sie mit klassischer Musik in Kontakt kommen“, sagt Angelina. In ihrer Wohnzimmeratmosphäre machen sie diese Musik greifbar für die junge Generation. Das Konzept funktioniert: die internationale Meetup-Gruppe, die vor einem Jahr als Experiment begann, hat bereits über 900 Mitglieder. Viele Gäste kommen regelmäßig. Seit März fanden einige Konzerte als Livestream statt.

Die „Euphonia Art Nights“ sind das zweite Herzensprojekt der Musikerinnen, die als „Euphonia Duo“ auch gemeinsam im In- und Ausland auftreten. Euphonia – das bedeutet nicht nur „Wohlklang“. Es ist auch der Name einer Vogelgattung, die die Stimmen aller anderen Vögel imitieren kann. Und es bezeichnet eine Sprachmaschine, die der Erfinder Joseph Faber im Jahr 1840 in Wien vorstellte. Spannende Assoziationen, die bei der Namensgebung mitgeschwungen sind. „Wir versuchen, interessante Konzertprogramme zu entwickeln, die immer auch mindestens eine weitere Kunstdisziplin einbinden“, sagt Ineke. Außergewöhnliche klassische Musik verbinden sie dabei unter anderem mit Lyrik, Tanz oder Installationen. Größen der Crossover-Kunstszene wie der Sprecher Christian Reiner oder die bildende Künstlerin Simone Carneiro waren schon mit dabei. „Viele Menschen wissen mehr über Kunst, als sie glauben“, sagt Ineke. „Wenn man ihnen etwas präsentiert, zu dem sie einen Bezug haben, wird die Musik für sie zugänglicher.“

Es kostet einige Recherchearbeit, solche Programme zusammenzustellen: Sie müssen bekannte Musikstücke lokalisieren, die jedoch nicht oft aufgeführt werden. Dann ein gemeinsames Thema finden, mit dem sie diese Stücke mit sprachlicher, visueller oder darstellender Kunst verknüpfen können. Daraus konzipieren sie eine einstündige Aufführung. „Alle Musiker, die daran mitarbeiten, unterstützen uns sehr“, sagt Ineke, „sie machen das nicht aus finanziellen Motiven, sondern für die Kunst. Wir alle wollen Qualität bieten“. 2019 fanden zwei dieser „crossover performances“ statt: im Mai in der Kunsttankstelle Ottakring und im November im ausverkauften Ankersaal in der Brotfabrik. Spannende Locations abseits der üblichen Konzertsäle finden und Kultur in die äußeren Bezirke bringen – das sind weitere Ansprüche des Euphonia Kulturvereins.

Auch diese beiden Musikerinnen haben in der Krise eine Zwangspause. Es bleibt zu hoffen, dass es mit ihren geplanten Veranstaltungen bald weitergehen kann. Unterstützen kann man den Euphonia Kulturverein mit einer Mitgliedschaft oder über Patreon.